Dieser Teil ist der zweite Teil – es würde unter Umständen sinnvoll sein, zunächst den ersten Teil zu lesen. Sie finden Ihn hier: Teil 1: Einleitung
Teil 2: Bernoulli, Drücke, Auftrieb im Detail
In diesem Kapitel geht es um die physikalischen Grundlagen. Wenn Sie Physik generell interessiert, sollten Sie es natürlich durchlesen. Wenn Sie mit dem Physikunterricht in der Schule eher auf Kriegsfuß standen, sollten Sie es erst recht lesen.
Es geht nicht ohne Physik
Auf ein Objekt wirkt immer der Druck des ihn umgebenden Fluids, zum Beispiel Gas, Luft oder Wasser. Wenn das Objekt ruht, ist es nur der statische Druck. Wenn das Objekt sich bewegt, entsteht aufgrund der Bewegung zusätzlich ein dynamischer Druck entgegen der Bewegungsrichtung. Senkrecht zu dieser Richtung nimmt dafür der statische Druck ab. Insgesamt wirken auf ein Objekt also immer statischer und dynamischer Druck gemeinsam – beides zusammengezählt ergibt den Gesamtdruck.
Nach Bernoulli setzt sich der Gesamtdruck p eines Fluides wie Gas, Luft oder eine Flüssigkeit aus statischem und dynamischem Druck zusammen. p ist abgeleitet von dem englischen Wort „pressure“ für das deutsche Wort „Druck“. Dieser Gesamtdruck ist unter bestimmten Annahmen als konstant anzusehen:
pgesamt = pdynamisch + pstatisch = constant
Der dynamische Druck ist der Druck, der durch Bewegung eines Fluids (Gas, Luft, Wasser) entsteht und in Strömungsrichtung wirkt. Wenn Sie beispielsweise einen Schirm in den Wind halten, spüren Sie den dynamischen Druck der bewegten Luft.
Abbildung 4: Der Wind auf dem Schirm und die Person erzeugt dynamischen Druck
Der statische Druck ist dabei der Druck, der rechtwinklig zur Strömungsrichtung auf die Seitenflächen wirkt (Abb. 5). Er wird mit zunehmendem dynamischem Druck immer geringer. Er zieht also aufgrund des geringeren Drucks Objekte in seine Richtung. Wie zum Beispiel einen Flügel.
Abbildung 5: Da der Mönch und seine Umgebungsluft ruhen,
wirkt auf Ihn nur der statische Druck
Die sogenannte dynamische Auftriebskraft entsteht schließlich durch die Anströmung eines Flügels, an welchem die Luft auf der Profiloberseite einen weiteren Weg als an der Unterseite zurücklegen muss. Um den längeren Weg entlang der Profiloberseite in der gleichen Zeit zu schaffen wie die Kollegen an der Unterseite, bewegt sich die Luft dort sehr viel schneller. Somit ist der statische Druck an der Profilunterseite größer, als an der Oberseite. Da sich Objekte vom hohen Druck weg und zum niedrigen Druck hin bewegen möchten, will sich der Flügel mit einer bestimmten Kraft nach oben bewegen. Diese Auftriebskraft wird durch die Druckdifferenz erzeugt und wird natürlich von vielen weiteren Faktoren wie zum Beispiel der Flügelform und Flügelfläche beeinflusst.
Abbildung 6: Der Flügel möchte sich nach oben bewegen
Das eben Gelernte in der Praxis: Flugzeugstart Schritt für Schritt
- Das Flugzeug steht am Anfang der Startbahn und bewegt sich nicht. Es weht kein Wind. Auf die Flügel wirkt nur statischer Druck von allen Seiten – so wie im Beispiel vorher auf den Mönch. Das Gewicht des Flugzeugs drückt nach unten.
- Das Flugzeug beschleunigt nach vorne. Es entsteht dynamischer Druck von vorn an den Flügeln. Die Luft, die an der gewölbten Oberseite des Flügels vorbeiströmt, muss schneller sein und lässt dort den statischen Druck sinken. Die wegen der noch geringen Geschwindigkeit des Flugzeugs am Flügel entstehende Auftriebskraft reicht aber nicht, um das Flugzeug anzuheben. Der Pilot weiss das und gibt Vollgas.
- Das Flugzeug rast die Startbahn entlang. Es strömt nun viel mehr Luft viel schneller an der Flügeloberseite vorbei. Der dynamische Druck dort ist jetzt sehr hoch, was bewirkt, dass der statische Druck sehr gering ist. Ein sehr geringer statischer Druck erzeugt eine starke Auftriebskraft. Sie ist nun stark genug, um dem Gewicht des Flugzeugs entgegenzuwirken – es hebt mit dem Fahrwerk vom Boden ab.
Abbildung 7: Die Flügelneigung verstärkt den Auftriebseffekt
Wir könnten das Flugzeug auch am Boden festbinden und stattdessen eine Menge Ventilatoren davor aufstellen, um die nötige Anströmung zu erzeugen. In Windkanälen werden auf diese Art Flügelprofile getestet. Der Auftrieb könnte noch verstärkt werden, wenn der Weg der Luft oben herum noch künstlich verlängert wird, etwa durch Veränderung des Profils oder Neigen des ganzen Flügels (Abb. 7). Damit wären wir dem Hubschrauber schon etwas näher gekommen. Doch im nächsten Teil zunächst Grüsse von Isaac Newton.
Im nächsten Teil:
- Reaktionsprinzip und Impulserhaltung von Isaac Newton
- Von Autofenstern, Brotdosen, Bürostühlen und Bud Spencer
- Was den Hubschrauber vom Papierflieger unterscheidet
Teil 3 findet sich hier: Warum kann ein Hubschrauber fliegen Teil 3