Viele Kunden stellen sich als ideales Rundflugwetter am liebsten einen quietscheblauen Himmel ohne auch nur ein Wölkchen am Himmel vor. Ich muss sagen, dass ich das als Heli-Pilot eher langweilig finde. Wolken haben für mich eine gewisse Faszination durch die Formen und Lichtspiele je nach Sonneneinstrahlung. Sie sehen aus der Nähe sogar noch interessanter aus. Dabei meine ich natürlich nur harmlose Cumulus-Wolken und weniger die teils gefährlichen Gewittertürme, die Böen, Starkregen oder sogar Hagel mit sich bringen können. Ein komplett bedeckter Himmel ist wiederum nicht schlimm, sofern die Decke weit oben ist und darunter gute Sicht herrscht. Ein weiterer Vorteil von Wolken ist auch der Schatten, den sie spenden. Die Hitze am Boden entsteht ja nicht nur durch die herbeigewehte heisse Luft aus Nordafrika oder sonstwoher. Die Sonne strahlt in unseren Breitengraden im Sommer mehr (im Winter weniger) senkrecht auf die Erde und erhitzt sie. Dabei kann die Oberfläche im Hochsommer so heiss werden, dass Autofahrer auf Ihrer Motorhaube das berühmte Spiegelei braten können. Und das selbst dann, wenn der Motor aus ist und die Motorhaube nicht zusätzlich durch den darunterliegenden im Stau kochenden Motor erhitzt wird.

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Cumulus-Wolken – mit der Möglichkeit zu einem Turm anzuwachsen

Da bei Hubschraubern in der Regel zu Gunsten guter Sicht viel Glas verbaut ist, heizt sich die Fluggastzelle bei starker Sonneneinstrahlung extrem schnell auf. Vor dem eigentlichen Start des Hubschraubers lasse ich deshalb möglichst lange die Türen auf, weil die Zelle sich sonst für die Gäste zu unangenehm aufheizen würde. Und die typischen Checks kurz vor Abflug kann ich auch mit noch offener Tür durchführen. Während meiner Ausbildung in Florida war es sogar eher Standard, die Türen auf der Schüler- und auch auf der Fluglehrerseite auszubauen und komplett ohne Türen zu fliegen. Ich scherze beim Schliessen der Türen oft, dass sich nun die Luft im Innenraum stark aufheizt, aber sobald wir etwas Geschwindigkeit haben, springt die mexikanische Klimaanlage an – damit meine ich die Klappen an der Nase des Heli, die den Fahrtwind hineinlassen.

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Auch in Deutschland wird es zunehmend brütend heiss

Die Luft wird dünn

Aber zurück zur Strasse: Strahlt nun die Sonne auf den Asphalt, wird dieser je nach bereits vorhandener Anfangs- und Umgebungstemperatur erhitzt. Die Luft über dem Asphalt erwärmt sich am heissen Asphalt und wird dadurch dünner, weil sich energiegeladene Luftmoleküle schneller bewegen und dadurch mehr Abstand zueinander halten. Dünne Luft ist deshalb leichter und möchte nach oben. Das ist das Prinzip des Heissluftballons – die Luft in einer riesigen Gummiblase wird durch einen Gasbrenner erhitzt, bis die Blase samt darunter baumelndem Korb nach oben steigt. Der wichtige Punkt an dieser Geschichte ist, dass die Luft dünner wird – die Dichte nimmt also ab. Nach oben strömende, warme Luft ist das, was die Segel- und Gleitschirmflieger brauchen und als Thermik bezeichnen – der Auftrieb wenn ich keinen Motor habe. Tja – selber schuld.

Dünne Luft an sich ist aber nun nichts besonders gefährliches – uns ist bekannt, dass die Luft auf einem Berggipfel ja auch dünner ist als am Talboden und immer dünner wird, je weiter wir uns nach oben von der Erdoberfläche entfernen. Wenn wir immer weiter nach oben gehen, sind wir irgendwann im Weltraum, wo dann gar keine Luft mehr ist. Verkehrsflugzeuge, die in einer Höhe zwischen 30.000 und 40.000 Fuss (etwa 10-12 Kilometer) über dem Meeresspiegel fliegen, müssen deshalb die Kabine unter Druck setzen wie einen Luftballon, damit die Passagiere aufgrund Sauerstoffmangel nicht ohnmächtig werden.

Philosophie-Exkurs: Egoismus

Sie kennen alle den Spruch “Im Falle eines plötzlichen Druckabfalls fallen vor Ihnen Sauerstoffmasken aus der Decke…. Ziehen Sie erst sich selbst eine an und helfen dann mitreisenden Kindern.” Was? Ich soll mir selbst zuerst helfen? Heisst es nicht überall “Frauen und Kinder zuerst”? Es ist sehr ehrenhaft, so zu denken – aber:  Es vergehen unter Umständen nur wenige Sekunden bis Bewusstlosigkeit eintritt. Wenn Sie diese Zeit nutzen, um sich selbst aktionsfähig zu halten, können Sie danach anderen helfen. Zum Beispiel den Menschen, die neben Ihnen sitzen und das mit der Maske nicht rechtzeitig hinbekommen haben. Ich zitiere diesen Spruch sehr gerne in anderen Lebenssituationen mit “Man kann nur teilen, was man hat”. Am einfachsten verständlich ist das mit Geld. Wer Geld hat, kann es teilen. Das gleiche trifft aber auch auf weniger greifbare Dinge zu, wie etwa Energie, Lebensfreude oder Zeit. Sie nutzen niemandem etwas, wenn Sie im Burnout stecken oder übernächtigt sind. Also achten Sie erstmal auf sich selbst, bevor Sie es allen anderen recht machen und sich selbst dabei sträflich vernachlässigen. Das wird gerne von denjenigen, die fordern, wie etwa Vorgesetzter, Ehepartner, Kinder, Freunde als Egoismus formuliert, ist aber in Wahrheit reine Selbstfürsorge, damit Sie aktionsfähig und für andere geniessbar bleiben.

Immer dieser Druck….

Wenn wir also auf der Erdoberfläche herumlaufen, haben wir immer eine Säule Luft über uns, die auf uns lastet und einen gewissen Druck auf uns ausübt: Den Luftdruck. Am Meer ist die Säule bis zum Weltraum höher und erzeugt höheren Druck. Auf der Zugspitze in 3.000 Metern über dem Meeresspiegel ist die Säule bis zum Weltraum nicht mehr ganz so hoch und erzeugt weniger Druck. Hoher Druck am Meeresspiegel macht die Luft dichter und auch etwas wärmer.

Nun hängt der Luftdruck nicht alleine von der Höhe ab. Das Wetter, das auf der Erde entsteht, mit all seinen Winden, Strömungen und Temperaturunterschieden erzeugt bei uns auf der Erde Phasen oder Gebiete mit höherem Luftdruck und solche mit niedrigerem Luftdruck. Je nachdem, wo wir uns auf der Erdoberfläche befinden und welches Wetter gerade herrscht. Wind entsteht im wesentlichen durch den Druckausgleich zwischen Gebieten mit hohem Druck und Gebieten mit niedrigem Druck.

Ein weiterer wenn auch relativ geringer Faktor, der sich auf die Dichte der Luft auswirkt, ist die Feuchtigkeit. Feuchte Luft ist im Vergleich zu trockener Luft ebenfalls leichter als trockene und möchte ebenfalls nach oben. Und was hat das nun alles mit der Fliegerei zu tun? Nun – wenn die Luft dünner ist, muss mehr Leistung aufgebracht werden, damit aerodynamisch abgehoben werden kann. Die Leistung der Triebwerke ist aber begrenzt. Zum einen erzeugen die Triebwerke bei großer Hitze weniger Schub, zum anderen muss aber eher mehr Leistung aufgebracht werden, damit die in der heissen, dünnen Luft weniger zahlreich vorhandenen Luftmoleküle den gleichen Auftrieb erzeugen. Das Flugzeug muss also bei Hitze schneller sein, bis es abheben kann und damit länger beschleunigen, damit die zum Auftrieb nötige Geschwindigkeit erreicht wird und die Auftriebskraft das Flugzeug in die Lüfte steigen lassen kann. Wenn das jetzt für Sie unverständlich klingt, empfehle ich unsere Reihe “Warum kann ein  Hubschrauber überhaupt fliegen?“.

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Bei Hitze muss ein Flugzeug länger beschleunigen um abheben zu können

Aber irgendwann ist jede Startbahn zu Ende. Ehrlich. Sollte bis zum Ende die nötige Geschwindigkeit nicht erreicht werden, kann das Flugzeug nicht abheben. Zum Glück kann man sowas im voraus berechnen und muss es nicht ausprobieren. Man kann also berechnen, wieviel Schub das Triebwerk bei einer bestimmten vorgegebenen Temperatur/Dichte/Feuchtigkeit der Luft bringen kann. Dann kann ausgerechnet werden, wieviel Zeit und damit Startbahn alle vorhandenen Triebwerke brauchen, um das möglicherweise vollbeladene und vollgetankte Flugzeug vom daraus resultierenden Gewicht XY kg auf die zum Abheben nötige Geschwindigkeit zu bringen. Reicht die Startbahn nicht aus, gibt es noch die Möglichkeit, das Gewicht des Flugzeugs zu reduzieren. Also ein paar Passagiere aussteigen zu lassen oder etwas Fracht auszuladen. Oder eben nicht vollzutanken, sondern nur den Sprit mitzunehmen, den man für den Flug braucht, plus Sicherheitsreserve natürlich. Das wird ohnehin schon gemacht. Es gibt für jeden Flugzeugtyp maximale Temperaturen und andere Umwelt-Werte, bis zu denen der Hersteller die gewohnte Leistungsfähigkeit des Flugzeugs bescheinigt. Werden diese Werte nicht eingehalten, ist ein Betrieb untersagt.

Da wir beim Hubschrauber ja keine Startbahnen oder Strassen brauchen (“Strassen? Wo wir hinfliegen brauchen wir keine…. Strassen!”- Doc Brown,”Zurück in die Zukunft”), fällt der Faktor Startbahnlänge einfach mal weg. Der Heli erzeugt ja den Hub alleine durch die Drehzahl des Rotors. Die Rotorblätter müssen also, um die nötige Auftriebskraft zu erzeugen, steiler angestellt werden als sonst bei kühleren Bedingungen. Das kostet mehr Kraft bzw. Leistung, die wir von einem luftgekühlten Motor verlangen, der bei dünnerer Luft von vornherein auch noch weniger Leistung bringt. Als Helipilot müssen wir also in solchen Sitautionen besonders auf den Motor achten und wie es ihm geht. Wenn es dem Motor gut geht, geht es uns auch gut. Auch hier berechnen wir die Machbarkeit vorher. Wir berechnen das Abhebegewicht bestehend aus Hubschrauberleergewicht, Betankung, und Passagiere gegebenenfalls mit Gepäck. Es ist also möglich, für einen 20-minütigen Rundflug statt mit 175 Litern Flugbenzin Vollbetankung unter Umständen nur mit 60 Litern abzuheben – das macht den Heli gut 80kg leichter!

Der Ladedruck / Manifold-Pressure

Aber woher wissen wir denn, wieviel Leistung wir gerade vom Motor abverlangen? Dazu gibt es eine Anzeige in der Instrumententafel, die zunächst nicht so einfach zu verstehen ist – ich probiere es trotzdem: In einer der Blog-Beiträge haben wir ausführlich den 4-Takt-Ottomotor erklärt (“Heute weder Rundflüge…“). Darin lesen wir, dass  der Motor, wenn er einmal läuft, ständig durch das Füllen der Zylinder brennfähiges Benzin-Luft-Gemisch ansaugen möchte. Wir sind jetzt aber fies und drücken ihm die Kehle zu, dass er gerade so überlebt und eben nicht ausgeht. Vielleicht kommt da der nun sehr passende Begriff “abwürgen” her. Der Motor saugt also an wie ein Staubsauger und wir halten ihm den Rüssel fast ganz zu. Dadurch entsteht ein Unterdruck im Staubsauger-Rohr…. pardon, im Ansaug-Rohr und dieser Unterdruck wird uns auf dem Instrument untere Reihe ganz rechts mit der Bezeichnung “Manifold Pressure” angezeigt. Im Deutschen ist der entsprechende Begriff “Ladedruck” – das ist der Druck, mit dem das brennfähige Gasgemisch in den Motor geladen wird.

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Ein Teil der R44-Instrumententafel mit der Manifold-Pressure-Anzeige unten rechts

Im Bild oben ist der Motor ausgeschaltet – der Zeiger steht auf 30. Ja, ok. Aber 30 was denn?? 30 “inches of mercury” – oder auf deutsch 30 Zoll Quecksilbersäule. Da wir in Europa weniger mit Zoll aber dafür mehr mit Zentimeter und Millimeter arbeiten, würde das in etwa 762 Millimeter Quecksilbersäule entsprechen (oder kurz mmHg – Hg ist das Symbol für Quecksilber). Zusätzlich benutzen wir in der Fliegerei für Druck noch HektoPascal oder kurz hPa, das wären dann etwa 1016 hPa, nur um das schon einmal erwähnt zu haben. Diese Einheit läuft uns später noch mindestens einmal über den Weg. Die 30 Zoll sind also ganz einfach der momentane Umgebungsdruck. Die Sonde im Ansaug-Rohr misst bei stehendem Motor genau den Druck, der von aussen durch die diversen Ansaugstufen auf sie einwirkt. Sobald wir den Motor starten, will er ansaugen und es wird eine Klappe im Ansaugrohr die Gaszufuhr zum Motor drosseln – daher der Name Drosselklappe, den Sie eventuell schon einmal gehört haben. Der Motor saugt an, bekommt nicht so viel, wie er haben will und es entsteht ein Unterdruck – und dieser Druck ist niedriger, als der Umgebungsdruck. Daher auch umgangssprachlich “Unterdruck”. Der Zeiger wandert also nach links auf Werte um ca. 10 Zoll, wenn der Motor im Leerlauf ist. Übrigens halten auch Sie Ihren PKW-Motor täglich mehrfach im nicht sehr freundlich klingenden Würgegriff, wenn Sie an der Ampel stehen und der Motor im Leerlauf ist. Es sei denn, Sie haben so ein angeblich spritsparendes Ding, das den Motor an der roten Ampel komplett sterben lässt, nur um ihn nach einigen Momenten bei grün mühsam wiederzubeleben. Ich liebe diese Wortspiele.

Zurück zum Heli. Wenn wir dann auf die Nenn-Drehzahl kommen möchten, geben wir Gas. Wir öffnen die Drosselklappe etwas durch Drehen des Gasgriffs im Heli ähnlich wie beim Motorrad. Beim Auto drücken Sie idealerweise mit dem rechten Fuss aufs Gaspedal. Wenn der Heli-Pilot dann noch beim Abhebevorgang die Blätter anstellt, um Auftrieb zu erzeugen, wird automatisch noch mehr Gas gegeben, um den Luftwiderstand auszugleichen und die Drehzahl zu halten. Währenddessen wandert die Anzeige in der Manifold-Pressure -Anzeige langsam nach oben bzw. rechts. Solange der Zeiger im grünen Bereich ist – ist alles im grünen Bereich. Gelb wird schon als nicht unkritisch gesehen und für den roten Strich muss es einen besonderen Grund geben. So einfach markieren Farben einen nicht ganz so guten Zustand.

Die maximale Dauerbelastung

Der Motor ist also so konstruiert und ausgelegt, dass niemals mehr als der rote Strich an Leistung abverlangt werden sollte. Wenn doch, haben wir bei der nächsten Motorinspektion möglicherweise eine etwas höhere Rechnung zu erwarten oder schlimmstenfalls im Flug einen Drehzahlabfall, da der Motor die abverlangte Leistung nicht mehr liefern kann. Und wenn die Drehzahl abfällt, fällt auch die Auftriebskraft ab und das bedeutet nur eine Richtung: Abwärts. Die Devise lautet also: Vermeiden! Da wir gerade beim Thema Leistung des Motors sind: Der Hersteller Robinson Helicopters hat für die R44 (siehe auch “Hubschrauber R44 im Porträt“) ein Diagramm festgelegt, welche Leistung maximal vom Hubschraubermotor abverlangt werden kann. Dabei wird unterschieden zwischen der maximalen erlaubten Dauerleistung im Reiseflug (Maximum Continuous Power, MCP) und dem Start- bzw Landevorgang, der möglicherweise mehr Leistung fordert. Darin wurden die Höhe über Meeresspiegel und die Temperatur als die beiden Hauptfaktoren der Luftdichte eingearbeitet. Die Luftfeuchtigkeit wurde wegen des geringen Einflusses weggelassen. Dieses Diagramm sieht wie folgt aus:

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Der Pilot stellt zunächst fest, auf welcher Höhe er sich befindet. Der Flugplatz Jesenwang bei München liegt beispielsweise bei 1861 Fuss über dem Meeresspiegel, also knapp 2000 Fuss. Die Aussentemperatur ist laut Anzeige beispielsweise 18 Grad  – also nehmen wir die Spalte 20 Grad. Die Tabelle gibt uns einen Wert von 22.3 Zoll, die wir ziehen dürfen. Für den Start steht unter der Tabelle, dass wir für maximal 5 Minuten 2.8 Zoll addieren dürfen. Damit wissen wir, dass beim Start der Manifold-Pressure nicht über 25.1 gehen sollte. Im Reiseflug wird dieser Wert dann aus aktueller Flughöhe und Aussentemperatur neu bestimmt.