Bei Rundflügen wollen unsere Fluggäste verständlicherweise oft ihr eigenes Haus von oben sehen. Als Pilot weiß ich natürlich nicht, wo meine jeweiligen Fluggäste genau wohnen, sodass ich bei der Suche nach dem Grundstück meiner Fluggäste auf deren Hilfe angewiesen bin. Aber springen wir gedanklich zunächst zu einem anderen Einsatz: Bei Fotoflügen mit professionellen Fotografen werden in einem Briefing vor dem Flug alle Details besprochen. Ich fliege dann das Objekt der Fotografen-Begierde so an, dass man zunächst scheinbar ein Stück daran vorbei fliegt. Wenn das Haus, das Schloss, die neu gebaute Brücke, oder was eben gerade vor die Linse soll, genau rechts vom Hubschrauber ist, beginne ich mit einer sanften Rechtskurve. Im Optimalfall ist diese Kurve genau so dosiert, dass das Objekt den Mittelpunkt des Kreises bildet, den ich fliege. Der Fotograf – der im Beispiel natürlich bei ausgebauter Tür hinter dem Piloten auf der rechten Seite im Heli sitzt – hat somit während des gesamten Kreises eine konstante Entfernung zu dem Objekt und kann dadurch mit einer festen Brennweite seine Fotos aus jedem beliebigen Blickwinkel entlang der geflogenen Kurve schießen.
München von oben: Viele Häuser, viele rote Dächer
Zurück zu den Rundflügen. Haben sich meine Fluggäste erst einmal aus der ungewohnten Perspektive von oben orientiert – was bei dem ersten Flug für den Laien gar nicht so leicht ist – ist oft auch das eigene Grundstück, der Schrebergarten oder die Wohnung gefunden, die man natürlich auf seinem Rundflug gerne aus der Luft sehen will. Damit ich aber in die richtige Richtung fliege, müssen mir meine Fluggäste noch mitteilen, welches ihr Haus ist. In einer Großstadt wie München gar nicht so einfach! “Das Haus da hinten mit dem roten Dach” ist meist der erste Erklärversuch meiner Fluggäste – ich gebe dann zu bedenken, dass die meisten Häuser hier ein rotes Dach haben. “Na, das Haus, wo das Auto davor steht – das mit dem Garten!”. Hmm – ich sehe viele Autos und viele Gärten und ich muss ja auch noch den Luftraum und die Instrumente im Blick behalten. Oft hilft daher nur eins: Ich bitte meine Passagiere, mir Richtungsanweisungen zu geben – “ein bisschen mehr links, etwas mehr rechts” – und schon sind wir: Genau über dem Haus! Wir haben es geschafft – aber – ach Mist, der Hubschrauber hat so tolle große Fenster zur Seite und nach vorne, aber der Boden ist leider ganz und gar nicht durchsichtig. Und da nützt es uns nichts, wenn das Haus genau unter uns ist – man sieht nämlich alles außer dem eigenen Haus. Die Enttäuschung wäre groß, gäbe es da nicht: Das Bubble-Window!
Bubble-Window: Kopf draussen und die Frisur hält trotzdem
(Quelle: Vertical Magazine)
Von dem Küchenfenster bis zum Autofenster ist man an weitgehend ebene Scheiben gewöhnt. Das Bubble Window hingegen ist stark nach außen gewölbt, sodass man seinen Kopf in die Wölbung stecken kann und senkrecht nach unten schauen kann. Ein komisches Gefühl: Man sieht die Wölbung von innen kaum und erwartet, sich den Kopf anzustoßen, aber es funktioniert. Welch eine Freude! Das Häuschen ist wieder in Sicht! Damit auch die Fluggäste ohne Bubble Window noch ein paar schöne Fotos schießen können, fliege ich noch eine Kurve und bekomme danach die Frage gestellt, warum man solche komischen Fenster in einen Heli einbaut. Ist das wirklich nur für die Rundfluggäste? Die Verwendung von Bubble Windows kann verschiedene Gründe haben:
Bubble Windows haben den Vorteil, dass man einen Blick hat, als würde man den Kopf aus dem Fenster strecken – ohne dies aber wirklich zu tun, sonst würde man ja vom Fahrtwind weggepustet werden. Oder zumindest die Frisur wäre ruiniert. Die Einsatzbereiche solcher Fenster, bei denen man nach unten, aber auch am Hubschrauber entlang zum Heckausleger blicken kann, sind vielfältig: Sie reichen von Außenlastflügen (Last hängt an einem Seil unter dem Hubschrauber) über Landungen in unwegsamem Gelände bis hin zu Polizei- und Rettungseinsätzen. Ein neuer, schweizer Hubschrauberhersteller mit dem Namen “Kopter” geht noch einen Schritt weiter und hat bei seinem “SH09” Hubschrauber zwischen Piloten- und Copilotensitz eine Art Glasboden eingebaut, mit dem ein perfekter weil direkter Blick auf die Außenlast oder die Beschaffenheit des Landeplatzes möglich ist und nicht indirekt über Spiegel oder ähnliche Hilfsmittel.
Bei vielen Hubschraubermodellen kann man als Pilot die eigenen Kufen nur bei offener Tür oder mit Hilfe eines Bubblewindows sehen. Ein erfahrener Pilot hat aber ein gutes Gefühl dafür, wo die Kufen sind – als Autofahrer sehen Sie Ihre Reifen ja auch nicht. Fahren Sie mal Traktor – es ist sogar richtig ungewohnt, die eigenen Reifen während des Fahrens zu sehen 🙂